„Brasilien gehört seit Ende 2020 zu unseren bevorzugten Schwellenländern“, berichtet James Syme. „Seitdem hat das Land trotz einer deutlich negativen Rendite des MSCI Emerging Markets Index in US-Dollar eine starke Gesamtrenditen erzielt.“
An seiner Einschätzung ändern auch die jüngsten Wahlen nichts. Hintergrund: Im Oktober wurde Luiz Inacio Lula da Silva (Lula) zum Präsidenten gewählt. Nach 2002 bis 2010 ist es bereits seine zweite Amtszeit. Der PolitikerLula gehört der linken Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) an. Jüngst hatte der Markt eher feindselig auf linke Wahlerfolge in Chile, Kolumbien und Peru an der Zeit reagiert. Syme hingegen bekräftigt: „Wir sind nach wie vor sehr positiv für Brasilien gestimmt, sowohl absolut als auch im Vergleich zu anderen Schwellenländern. Wir sehen in einer Lula-Regierung kein wesentliches Risiko für die brasilianische Wirtschaft oder die Finanzmärkte und finden dort weiterhin attraktive Anlagemöglichkeiten.“
Vier Fakten sprechen nach Ansicht der Portfoliomanager Symes und Wimborne nach wie vor für brasilianische Werte:
1. Die brasilianische Wirtschaft ist nach wie vor relativ stark, was sowohl auf die Rohstoffpreise als auch auf die Erholung vom letzten Abschwung zurückzuführen ist. Diese Bedingungen sind ähnlich wie in der Zeit, als Lula an der Macht war – eine gute Zeit für Aktienanleger. Auf Jahresbasis erzielte der MSCI Brazil seinerzeit eine Rendite von 36,9 Prozent in US-Dollar – was sich dieses Mal wahrscheinlich nicht wiederholen wird, aber ein Beweis dafür ist, dass ein linksgerichteter Präsident nicht unbedingt ein Problem darstellt. Im historischen Vergleich sind die Exportpreise und die Handelsbilanz nach wie vor stark, was das Wachstum und die Währung stützen wird, während die Binnenwirtschaft ihre Erholung von dem tiefen Abschwung 2014 bis 2016 fortsetzt. Diese Erholung wurde durch den Covid-bedingten Konjunktureinbruch 2020 noch verlängert. Außerdem zeigen die Einkaufsmanagerindices eine anhaltende Expansion sowohl im verarbeitenden als auch im nicht verarbeitenden Gewerbe.
2. Die wichtigsten brasilianischen Institutionen sind nach wie vor stark und marktfreundlich, was die populistischeren Bestrebungen der neuen Regierung einschränken wird. In Bezug auf die Inflationsbekämpfung bleibt die Zentralbank sehr orthodox, während die Wahlen sowohl den Kongress als auch den Senat in Richtung der Mitte- und Rechtskoalitionen verschoben haben. Im Unterhaus stieg der Anteil der rechtsgerichteten Koalitionen von 46 Prozent auf 49 Prozent und im Oberhaus von 31 Prozent auf 44 Prozent. Da es sich bei der Obergrenze für die Steuerausgaben (die Lula nach eigenem Bekunden gerne aufheben würde) um eine verfassungsrechtliche Maßnahme handelt, müsste jede Reform beide Kammern passieren.
3. Im Anschluss daran wurde die Geldpolitik seit Anfang 2021 aggressiv eingesetzt, um die Inflation zu senken, wobei die Leitzinsen von 2 Prozent auf 13,75 Prozent angehoben wurden. Da sowohl die gemeldete Inflation als auch die Inflationserwartungen nach unten tendieren, dürfte Brasilien 2023 als eines der ersten großen Länder in einen Zinssenkungszyklus eintreten, was sowohl die Wirtschaft als auch den Aktienmarkt unterstützen dürfte.
4. Sowohl im historischen Vergleich als auch im Vergleich zu anderen Schwellenländern ähnlicher Größe sind die Aktienbewertungen in Brasilien attraktiv. Auf Basis der 12-Monats-Konsensgewinne des MSCI Brazil beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis nur das 6,6-fache, verglichen mit einem langfristigen Durchschnitt für Brasilien von 11,2 und aktuellen Werten von 21,6 für Indien, 14,6 für Saudi-Arabien und 12,6 für Mexiko. In diesen Werten scheint ein hohes politisches und ordnungspolitisches Risiko eingepreist zu sein.
Daher betont James Syme: „Im Vergleich zu anderen Schwellenländern und sogar im globalen Vergleich sind die relativ guten Bedingungen in Brasilien äußerst attraktiv. Nettoenergieexporte, eine Zentralbank, die die Inflation in den Griff bekommen zu haben scheint, eine orthodoxe Finanzpolitik, ein moderates Wirtschaftswachstum und attraktive Marktbewertungen - das sind Bedingungen, die nur wenige Länder bieten. In Anbetracht dessen sind wir der Meinung, dass die Anleger mit einer eher linksgerichteten Regierung in Brasilien leben können. Das können wir auf jeden Fall.“
James Syme und Paul Wimborne, Senior Fund Managers, J O Hambro Capital Management